Der dritte Film des Iren Martin McDonagh nach „Brügge sehen…und sterben?“ und „7 Psychos“ spielt in der Kleinstadt Ebbing. Die 50-jährige Mildred Hayes (Frances McDormand) beginnt einen Kleinkrieg gegen den örtlichen Polizeichef Bill Willoughby (Woody Harrelson). Vor einigen Monaten wurde ihre Tochter vergewaltigt und ermordet. Ein Täter wurde nicht gefasst, es gab keine Verhaftungen. Da ihrer Meinung nach die Polizei völlig untätig war, lässt sie auf eigene Kosten auf drei Plakatwänden (billboards) am Ortseingang plakatieren: „Raped While Dying“, „Still No Arrests?“ und „How come, Chief Willoughby?“.
Damit setzt sie eine Entwicklung in Gang, die den Ort aufrüttelt und für immer verändern wird. Jetzt muss jeder Farbe bekennen – aber sie ist diejenige, der der Wind entgegenbläst. Sie hat den Ort erschüttert und den angesehenen (und todkranken) Polizeichef an den Pranger gestellt. Sie ist jetzt die Außenseiterin, die keine Ruhe gibt und sich durch nichts von ihrem Feldzug abbringen lässt. Aber sie hat auch nichts mehr zu verlieren: ihre Tochter ist tot, ihr Sohn gibt ihr eine Mitschuld und ihr prügelnder Mann hat sie wegen einer dummen 19-jährigen verlassen.
Frances McDormand spielt die kühle, harte und doch eigentlich unauffällige Mildred Hayes großartig. Wie sie Ihre Konsequenz und Gradlinigkeit, und gleichzeitig ihre Zerbrechlichkeit, ihre Trauer und innere Zerrissenheit zeigt, ist unglaublich. Dafür genügt ihr manchmal nur ein Blick.
Aber es sind nicht nur die Blicke. Es sind vor allem die brillanten Dialoge – lakonisch und sarkastisch, verletzend und entlarvend, berührend und witzig. Die Kamera ist eindrucksvoll und unaufdringlich, der Soundtrack absolut stimmig.
Immer wieder scheinen bei McDonagh Verständnis und Hoffnung durch. Szenen mit grober Brutalität kontrastiert er mit poetischen und berührenden Momenten. Er gibt seinen Figuren nach und nach eine Vielschichtigkeit, die in den besten Momenten des Films zutiefst bewegt – nachdem man kurz zuvor noch glaubte, mit ihnen nie wieder mitfühlen zu können. Dadurch werden sie zu Veränderungen fähig sind, die sie selbst und der Zuschauer niemals für möglich gehalten hätte.
So spielt Sam Rockwell das arrogant-dumme Muttersöhnchen, das in den Polizeidienst geraten ist und glaubt, den idealen Job für seine homophobe und rassistische Weltsicht gefunden zu haben. Er spielt dies so überzeugend, dass es fast weh tut.
Woody Harrelson gibt den Polizeichef Willoughby mit einer grandiosen Mischung aus Unnachgiebigkeit und Verletzlichkeit, polternd und liebevoll, hart und fürsorglich. In einer kleinen Rolle ist Peter Dinklage eine Schlüsselfigur, die sympathisch und anrührend mit Mildred verknüpft ist.
„Three Billboards…“ ist keineswegs eine schwarze Komödie. Da ist wenig Lustiges, Heiteres. Es ist ein lakonisch, gradlinig, schonungslos erzählter Film. Über dem Film schwebt eine latente Stimmung der Bedrohung und möglichen Gewalt. Die Handlung entwickelt sich auf konsequente Art und Weise, mit teilweise grimmigem, düsterem Witz und unerwarteten Wendungen. Für mich der beste Film, den die Coen-Brüder nicht gemacht haben.
Selten passte ein Film so genau in die aktuelle gesellschaftliche Diskussion in den USA. Gewalt gegen Frauen und gesellschaftliche Ignoranz, Gewalt gegen Schwarze und fahrlässige Ermittlungen.
Kathryn Bigelows aktueller Film „Detroit“ nimmt den Weg über Ereignisse des Jahres 1967, um anzuklagen. Martin McDonagh nimmt drei Werbetafeln, um das Hier und Heute anzuprangern.
Premiere hatte der Film im September 2017 auf dem Filmfest Venedig. Danach lief er auf den Festivals von Toronto, San Sebastian, Zürich, Hamburg und London. Aktuell wurde „Three Billboards…“ als Bester Film bei den Golden Globes geehrt. Martin McDonagh erhielt die Auszeichnung für das Beste Drehbuch. Frances McDormand wurde als Beste Hauptdarstellerin und Sam Rockwell als Bester Hauptdarsteller gewürdigt. Bei den Oscars wurde er als bester Film nominiert. Außerdem wurde McDormand als beste Schauspielerin und Rockwell und Harrelson als Beste Nebendarsteller nominiert.
Kinostart für „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ ist der 25. Januar 2018.
Regie: Martin McDonagh
Produktionsland: USA 2017
Verleih: Twentieth Century Fox (Searchlight)
FSK 12, 116 min
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Beitragsbild © Twentieth Century Fox