„In den Gängen“: Kritik des Großmarkt-Melodrams mit Franz Rogowski

Nadine Emmerich 22. Mai 2018 0
„In den Gängen“: Kritik des Großmarkt-Melodrams mit Franz Rogowski

Der wortkarge Christian (Franz Rogowski) ist der Neue im Großmarkt. Mit blauem Kittel, Namensschild und Kugelschreiber ausgerüstet taucht er schweigend, fast teilnahmslos ein in die meterlangen Gänge, die bis zur Decke reichenden Regale, den Verkehr der Gabelstapler. Der ältere Bruno (Peter Kurth) aus der Getränkeabteilung nimmt ihn unter seine Fittiche, lernt ihn an, wird ein väterlicher Freund. Und beobachtet und kommentiert, wie sich Christian in die schnippische Marion (Sandra Hüller) aus der Süßwarenabteilung verliebt. Thomas Stubers neues Drama „In den Gängen“, das bei der Berlinale im Wettbewerb lief, ist eine toll gespielte Romanze und ein anrührender Film über die Tristesse in der ostdeutschen Provinz.

Alle tragen sie ein kleines Geheimnis oder eine zurückgelassene Vergangenheit mit sich herum. Christian versteckt etliche Tattoos unter dem Arbeitskittel, und als alte Freunde von ihm im Großmarkt auftauchen, wird ihm sichtbar unwohl. Die mit dem „Frischling“, wie Christian genannt wird, anbandelnde Marion ist verheiratet – allerdings nicht sehr glücklich, wie der Flurfunk zwischen den langen Neonlichtgängen meldet. Und plötzlich ist sie länger krankgeschrieben. Auch Bruno ist scheinbar nicht der, für den ihn Christian und seine Kollegen gehalten haben – was zum Schluss auf relativ brutale Weise ans Licht kommt. Als Lagerarbeiter im sächsischen Großmarkt ist man eben nicht auf der Gewinnerseite.

Deutscher Filmpreis für Franz Rogowski

Trotz aller Trostlosigkeit sparen Stuber und sein Drehbuchautor Clemens Meyer („Als wir träumten“) nicht mit humorvollen Dialogen vor dem Kaffeeautomaten oder im Klappstuhl auf dem Betriebsparkplatz. Doch oft bleibt dem Zuschauer binnen Sekunden das Lachen direkt wieder im Halse stecken. Zu real sind diese detailverliebt porträtierten, ruppigen Menschen, ihre durchscheinenden Lebensgeschichten und Schicksale, als dass es sich richtig anfühlt, darüber zu lachen. Regisseur Stuber sagt über sein Werk, es habe ihn gereizt, Meyers Kurzgeschichte zu verfilmen, weil vieles unausgesprochen bleibe und nicht bis zum Ende erzählt werde.

Obwohl viele Berlinale-Kritiker voll des Lobes waren, gingen „In den Gängen“ und auch Hauptdarsteller Franz Rogowski bei der Bären-Verleihung der Berlinale unverdient leer aus. Dafür gab es Ende April in Berlin bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises, für den das Drama gleich vier Mal nominiert war, eine Lola für Rogowski als besten Hauptdarsteller.

Kinostart: 24. Mai 2018

„In den Gängen“: Kritik des Großmarkt-Melodrams mit Franz Rogowski

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