Es ist immer für einen sehr kurzen Moment irritierend, wenn zwei Menschen sich in der U-Bahn mit ihren Händen unterhalten. Nicht, weil es Angst macht oder eine Abneigung dagegen herrscht, sondern weil es ungewöhnlich ist.
Ungewöhnlich ist auch der Film The Tribe (2014) von Myroslav Slaboshpytskiy, der in Cannes dieses Jahr hochgelobt wurde und in einer Taubstummen-Schule spielt. In der Ukraine mit kleinem Budget gedreht, kamen nur Laienschauspieler zum Einsatz. Er handelt von dem Taubstummen Sergey, der neu in die Schule kommt und sich einer klaren Struktur von Kriminalität und Prostitution ausgesetzt sieht, in die er sich irgendwie verorten muss. Er steigt in der Hierarchie auf und trifft Anna – die ungeschriebenen Gesetze des „Tribes“ kommen ins Wanken.
The Tribe ist insofern ungewöhnlich, als das es in diesem Film keine Musik, keine Stimmen und auch keine Untertitel gibt. Die Bildsprache, die Kamereinstellungen und nicht zuletzt das Agieren der Schauspieler sind aussagekräftig genug – der Film ist komplett in Zeichensprache gedreht worden. Für Liebe und Hass bedarf es keine Übersetzung. Ein ambitioniertes Unterfangen, bekannte und eigentlich vorausgesetzte Elemente eines Filmes komplett auszuklammern. Betrachtet man aber den Trailer, dann wird einem schnell bewusst, dass das sehr gut funktionieren kann.
Der Trailer ist wahnsinnig atmosphärisch und vermittelt die beklemmende und von Kriminalität gezeichnete Umgebung hervorragend. Die Konflikte sind fassbar und es dürfte interessant zu sehen sein, wie die mehr als 2 Stunden spannend gestaltet werden. Ein filmisches Experiment, für welches nun Drafthouse den Vertrieb übernommen hat.
Für Tim League (CEO Drafthouse) ist The Tribe „the most breathtaking film of Cannes“ und ein Film, der die Menschen – egal woher sie kommen – verbindet. Die Menschen lachen und erschrecken bei den gleichen Szenen, so Tim League. The Tribe wird zukünftig auf einigen Festivals zu sehen sein und soll 2015 in die Kinos kommen.
via:firstshowing.net