Es ist schon noch etwas ungewöhnlich, wenn große Hollywoodstars in Serien auftauchen oder sogar wie im Falle von Extant die Hauptfigur stellen. Doch betrachtet man die Serienlandschaft und deren Entwicklung, kehrt sich das Prozedere, dass Serien als Sprungbrett für den Weg nach Hollywood stehen, schon fast ins Gegenteil um. Serien können mittlerweile – man siehe zum Beispiel Game of Thrones – locker mit großen Filmproduktionen mithalten. Sie geben die Möglichkeiten richtige, ausgedehnte Geschichten zu erzählen und so muss es keinesfalls ein Abstieg bedeuten, dass Halle Berry in der Science-Fiction-Serie Extant eine tragende Rolle zukommt.
Doch das ist ja eigentlich eher trivial, viel interessanter ist die Frage ob Extant in der ersten Folge überzeugen konnte. Denn Science-Fiction-Serien die wirklich in allen Bereichen überzeugen können, gibt es nicht oft. Die Frage lässt sich in aller kürze so beantworten: In großen Teilen ja!
Auf langer Reise
Extant stammt vom relativ unbekannten Mickey Fisher, der bisher im Grunde genommen noch nicht groß in Erscheinung getreten ist. Als ausführender Produzent ist aber unter anderem Steven Spielberg mit dabei und Autor ist Sidney Wolinsky, der schon für Serien wie The Walking Dead, True Blood oder House of Cards tätig.
Extant spielt in einer nahen Zukunft und handelt von der Astronautin Molly Wood (Halle Berry), die nach einem einjährigen Forschungsflug durch den Weltraum wieder auf die Erde zurückgekehrt ist. Solch ein langer Flug ist nicht leicht bewerkstelligen und so muss sich das Leben nach der Reise erst wieder richtig finden. Doch irgendetwas stimmt nicht, ihr Sohn fremdelt und ihr Körper sendet Signale. Was ist auf der Reise geschehen? Allmählich verdichten sich die Hinweise und das Unglaubliche wird schließlich Gewissheit – sie ist Schwanger geworden, auf einer Solo-Mission im Weltraum!
Science-Fiction und Mystery
Während man bei Astronaut, Reise durchs Weltall, Science-Fiction und „unbekannter Begegnung“ eindeutige Bilder vor Augen hat, bietet Extant wesentlich mehr als das. Wir werden in eine nahe Zukunft geführt, die immer noch sehr große Ähnlichkeit mit unserer Welt hat, doch der Alltag ist merklich technologisiert worden. Ein Spiegel nicht nur ein Spiegel, sondern bietet gleichzeitig die Möglichkeiten eines Home-Entertainment-Systems. Überhaupt ist die Zukunft außerordentlich stimmig gestaltet worden. Nicht zu viel Technik, aber auch nicht zu wenig. Science-Fiction, wie es realistischer nicht sein könnte.
Die Geschichte um Halle Berry der Rückkehr ihrer Figur steht natürlich im Zentrum der ersten Folge, doch offenbaren sich auch andere Handlungsstränge. So erfahren wir, dass Molly Wood (Halle Berry) eigentlich nicht schwanger werden kann und doch begegnen wir sehr schnell ihrem Sohn. Die Aufklärung lässt nicht lange auf sich warten und es wird klar, dass in der Welt von Extant Roboter keine Fiction sind, sondern diese den Alltag der Menschen „effizienter“ machen und – folgen wir den Äußerungen in der ersten Folge – das Leben auch lebenswerter machen. Ihr Sohn ist kein Mensch, sondern ein Roboter. Aber ein besonderer Roboter, der von ihrem Mann John Woods (Goran Visnjic) „hergestellt“ wurde und die Verbindung zwischen Roboter und Mensch sein soll. Die „Human Connection“, die die Wissenschaft auf eine Probe stellt. Können Roboter eine Seele haben?
Interessante Fragen, die sich im Zuge der Sichtweise auf die Roboter ergeben. Kann „menschliche Erfahrung“ die Roboter menschlich machen und sie letztlich sogar zu Menschen werden lassen? Glaubt man John Woods, dann wären Roboter noch hilfreicher und besser, wenn sie menschliche Gefühle entwickeln können. Eine Thematik, die jüngst auch in der Serie „Real Humans“ verarbeitet wurde und generell immer im Zuge des technischen Fortschritts und der Auseinandersetzung mit der Entwicklung von Robotern aufkommt. Natürlich ist die Roboter-Thematik nicht neu, aber sie war unerwartet und könnte durchaus Stoff für spannende Momente in Extant bieten.
Im Zuge dessen ist es auch viel nachvollziehbarer, dass der „Sohn“ seine rückkehrende Mutter, als auch die Mutter ihren Sohn als verändert wahrnimmt. Hier liegt mehr als nur eine im kindlichen Wesen gelagerte Entfremdung im Zuge einer langen Abwesenheit vor. Während Pierce Gagnon (Looper) als Ethan Woods sich „menschlichen Gefühlen“ ausgesetzt sah, war Molly Wood (Halle Berry) ein Jahr im Weltraum und, ja, was ausgesetzt? Die erste Folge liefert zunächst eine Antwort, ehe sie gleichsam wieder verworfen werden muss. Was ist dort oben geschehen?
Diese Frage stellt sich nicht nur die Figur von Halle Berry, sondern das Misstrauen wächst auch in der Führungsriege und in den Mitarbeitern um sich rum. Es tritt der mysteriöse Hideki Yasumoto (Hiroyuki Sanada, bekannt aus Helix) auf den Plan, der sie beobachten soll. Was weiß die Führung über die einjährige Reise? Was war der Grund der Reise? Und was hat es mit der mysteriösen Person auf sich, die Kontakt zu Molly Woods sucht?
be careful! dont trust them!
Fazit: Optisch mehr als gelungen, noch nicht komplett überzeugend in der Geschichte
Extant heißt übersetzt so viel wie erhalten, übrig geblieben oder auch überleben? In Anlehnung an die „Roboter-Thematik“ oder doch in Bezug auf die Rückkehr der Astronautin? Oder kommt hier etwas Großes auf die Erde zu, wenn es heißt: extinction (Ausrottung)? Extant kann durchaus als eine Mischung aus Science-Fiction- und Mystery-Serie bezeichnet werden, die eine solide und spannende Grundstimmung erzeugt. Das Setting und Design der Welt von Extant ist mehr als gelungen und bietet ein plausibles und realistisches Science-Fiction-Szenario. Molly Woods (Halle Berry) befindet sich in der ersten Folge in einer Art „Aufwachphase“ und so muss sie erst die Welt neu realisieren, was in der Zwischenzeit auf der Erde passiert ist und vor allem, was ihr im Weltraum passiert ist. Ähnlich geht es auch dem Zuschauer, der als Science-Fiction-Fan durchaus großen Gefallen an der Serie finden kann, jedoch von der Geschichte noch nicht vollends überzeugt wird. Eine Phase der Annäherung und des „Aufwachens“ kann durchaus gebraucht werden. Ganz wie nach einem „Re-Entry“, wie die erste Folge ja heißt. Jedoch muss man ganz klar sagen: Serien entfalten sich erst nach einigen Folgen und so bietet der Pilot von Extant einen guten Einstieg, auf den es aufzubauen gilt.
Kurzfazit: Ein tolles Setting, mit einer interessanten und mysteriösen Geschichte, die erst im weiteren Verlauf zeigen wird, ob sie überzeugen kann. Ich bin angeteasert! 3,5/5 Sehenswert!
Beitragsbild: © CBS