Die Würfel sind gefallen, die Show ist zu Ende, die Gewinner der 87. Oscar-Nacht sind mit ihren Preisen zu Hause. Der große Gewinner war „Birdman“ von Alejandro González Iñárritu mit vier goldenen Statuen für Film, Regie, originales Drehbuch und Kamera. Unter anderem konnten die beteiligten Parteien von „Grand Budapest Hotel“ (4), „Whiplash“ (3), „Boyhood“ (1), „American Sniper“ (1), „The Imitation Game“ (1), „Selma“ (1), „Citizenfour“ (1) und „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ (1) glücklich auf die Preisverleihung zurückblicken – oder traurig, wenn man wie zum Beispiel „Foxcatcher“, mit fünf Nominierungen und keinem Sieg, für die Konkurrenz den Platz frei machen musste.
Die Gewinner im Allgemeinen sind aber nicht das Thema dieses Artikels. Das Anliegen, welches mich bereits wenige Stunden nach der Bekanntgabe der Ergebnisse hinter die Tastatur hat klemmen lassen, ist die Kategorie „Bester Animationsfilm“.
„Die Würfel sind gefallen“ ist die Einleitung des Artikels und es wäre schön, wenn man behaupten könnte, dass die Jury für den besten Animationsfilm ihren Gewinner mittels Zusammenzählen der Augenzahlen ermittelt hätte. Wie gesagt wäre es schön, nur leider hat „Baymax“ nicht durch Zufall gewonnen, sondern wegen Intoleranz und gesellschaftlich-induziertem Falschdenken. Vielleicht hatte aber auch die Illuminati-Disney-Lobby ihre Finger im Spiel.
Das ist jetzt alles sehr zynisch und emotionsgeladen und natürlich völlig übertrieben, aber von meiner Seite ist dieser Kommentar einfach nötig.
„Baymax“ ist selbstverständlich ein unterhaltsamer Film, der vor allem wegen dem titelgebenden Charakter, dem unbeholfenen Marshmallow-Michelin-Mann Baymax punktet. Es ist – wie Ralf schreibt – „gelungene Unterhaltung für Jung und Alt“. Ein würdiger Oscar-Gewinner jedoch? Nein. Dafür schwimmt er zu oberflächlich, gewohnt und vorhersehbar in der bekannten Disney-Suppe. Aber wo Disney drauf steht, ist eben auch meistens ein Oscar-Sieg drin.
Wen wollten denn Presse und Fans gewinnen sehen? Mehr Stimmen als der nette, aber eben auch nur nette „Drachenzähmen leicht gemacht 2“ hatte die nicht-nominierte Verfilmung der Klötzchen, die jedes Kind kennt: „The LEGO Movie“. Zum Ausschluss dieses Films von den Nominierten fehlen mir – nicht nur mir – sowieso die Worte.
Über den Außenseiter und Geheimtipp „Song of the Sea“ als auch „Die Boxtrolls“ ist bisher leider keine Aussage zu treffen, da sie von meiner Seite aus noch nicht gesichtet wurden.
Und schon kommen wir zu meinem Animationsfilm-Oscar-Wunschkandidaten, bei deren Nominierung ein Sieg bereits ausgeschlossen war: „Die Legende der Prinzessin Kaguya“. Ein weiteres Prachtstück aus dem japanischen Studio Ghibli unter der Feder von Isao Takahata (Die letzten Glühwürmchen). Diese emotionale, melancholische, visuell-abstrakte Verfilmung einer japanischen Legende ist für mich nicht nur eindeutig den westlichen Werken überlegen, sondern auch eine der besten Beiträge der Anime-Kunst bis zum heutigen Tag.
Meine Meinung in allen Ehren, die Niederlage von Takahatas Werk war schon absehbar und so wichtig sind die Oscars nicht. Mein Anliegen war es auch nicht, Euch mitzuteilen, welcher Film meine Stimme erhalten hätte, sondern einen Blick in die Jury-Entscheidung zu liefern; Stichworte: „Intoleranz“ und „gesellschaftlich-induziertes Falschdenken“.
Die Kurzfassung: „Animationsfilme? Die habe ich nicht alle gesehen, die sind doch sowieso nur für Kinder, um kurz Spaß zu haben.“. Traurig, aber wahr. Diese stiefmütterliche Behandlung des Mediums dürfte Comic und Manga-Fans – aber auch Videospielern – leidlich bekannt sein.
Drei Personen der Jury haben ihre Meinung nachvollziehbar dargestellt und zweimal „Baymax“ und einmal „How to Train Your Dragon 2“ gewählt. Ein Jury-Mitglied hat keinen der Filme gesehen und zwei andere nicht alle, wobei eine davon – die einen Film nicht gesehen hat – „Baymax“ wählte. Und nun, die Person, über welche man nur den Kopf schütteln kann, die niemals in solch einer Jury als Mitglied sitzen sollte und deren Kommentar ich direkt ungefiltert mitteilen möchte:
„I only watch the ones that my kid wants to see. The biggest snub for me was [The] Lego [Movie] […] — for that movie not to be in over these two obscure freakin’ Chinese fuckin’ things that nobody ever freakin’ saw? That is my biggest bitch. Most people didn’t even know what they were! How does that happen? That, to me, is the most ridiculous thing I’ve ever seen.“
(Quelle: Proof That Oscar Voters Are Clueless About Animation)
Kein Kommentar.
Die Situation bei den animierten Kurzfilmen ist noch abstruser. Nachlesbar unter der oben genannten Quelle.
Meine Bitte: Jury-Mitglieder, die sich aufrichtig für das Genre der animierten Filme interessieren. Bestenfalls sogar Produzenten, Regisseure oder anderweitige Künstler, die selbst im Genre arbeiten oder gearbeitet haben. Personen, die ausgefallenen Werken offen gegenüber stehen und amerikanische als auch nicht-amerikanische Werke als gleichwertig erachten und ohne Vorurteile ihre Stimme abgeben. Es kann doch nicht so schwer sein.
Beitragsbild: (c) Walt Disney Animation Studios